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Schmetterlingsumarmung als Tool zur Selbstregulation

Raus aus dem Hamsterrad: Strategien zur Selbstregulation bei chronischem Stress

Fühlt sich dein Leben auch so an, als würdest du ständig im Hamsterrad laufen? Aufgaben stapeln sich, Gedanken drehen sich im Kreis, dein Körper ist dauerhaft angespannt – und egal, wie sehr du dich bemühst, es gibt scheinbar keine Zeit für eine Pause. Genau das ist chronischer Stress. Er raubt dir nicht nur Energie, sondern macht auf Dauer auch körperlich und seelisch krank.

Die gute Nachricht: Du bist dem nicht hilflos ausgeliefert. Selbstregulation ist der Schlüssel, um dein Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen und dem Stress die Macht zu nehmen. In diesem Artikel erfährst du:

  • was Selbstregulation bedeutet
  • warum sie so wichtig ist
  • welche Methoden dir helfen können und
  • wie du sie Schritt für Schritt in deinen Alltag integrierst

Was bedeutet „Selbstregulation“ eigentlich?

Selbstregulation beschreibt die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Gefühle und Körperreaktionen bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Es geht nicht darum, Emotionen zu unterdrücken oder Stress komplett zu vermeiden – beides ist unrealistisch.

Der Unterschied zur Selbstkontrolle ist entscheidend: Während Selbstkontrolle oft mit „zusammenreißen“ oder „durchhalten“ verbunden wird, bedeutet Selbstregulation vielmehr, achtsam mit inneren Prozessen umzugehen und einen gesunden Umgang mit Stress zu finden.

Mit anderen Worten: Selbstregulation ist die Fähigkeit die innere Balance zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen und/oder zu erhalten.

Warum macht uns chronischer Stress krank?

Stress ist an sich nichts per se Schlechtes – er kann uns motivieren und in Gefahrensituationen schützen. Problematisch wird er erst, wenn er dauerhaft anhält. Was passiert bei dauerhaftem Stress?

  • Im Körper: Bei chronischem Stress schüttet der Körper permanent Stresshormone wie beispielsweise Cortisol aus. Das Nervensystem bleibt im „Alarmmodus“.
  • In der Psyche: Dauerstress fördert Angstzustände, Gereiztheit und depressive Verstimmungen.
  • Folgen: Schlafprobleme, Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten, Herz-Kreislauf-Beschwerden und geschwächtes Immunsystem. Und diese Aufzählung ist noch lange nicht vollständig.

Warum reicht ein Wochenende oder der Urlaub oft nicht mehr? Weil chronischer Stress tief in unseren Gewohnheiten und Denkmustern verankert ist, reichen unsere üblichen Erholungsphasen nicht mehr aus. Nur eine nachhaltige Selbstregulation kann langfristig Abhilfe schaffen.

Wer profitiert besonders von Selbstregulationstechniken?

Grundsätzlich kann jede*r profitieren. Doch besonders hilfreich ist Selbstregulation für:

  • Menschen im Berufsstress – Führungskräfte, Lehrkräfte, Pflegekräfte
  • Hochsensible Menschen, die Reize intensiver wahrnehmen
  • Eltern oder pflegende Angehörige, die oft zu wenig Zeit für sich selbst haben
  • Menschen mit psychosomatischen Beschwerden, deren Körper den Stress sichtbar macht

Selbstregulation ist kein „Luxus“, sondern eine Grundvoraussetzung für mehr Gesundheit und Lebensqualität.

Welche Methoden der Selbstregulation gibt es?

Es gibt verschiedene Ansätze, die beispielsweise bei den Gedanken, beim Körper, den körperlichen Funktionen, den Körperempfindungen, bei Emotionen oder als Anker im Alltag ansetzen können. Je nach Bedarf und Situation können auch verschiedene Ansätze kombiniert und/oder auch abgewechselt werden.

Beliebt und auch sehr effektiv sind folgende Methoden und Ansätze:

Atemübungen

Die Atmung ist unser einziger unmittelbarer Zugang zum Nervensystem. Von allen unseren lebenswichtigen Körperfunktionen, die autonom von unserem Gehirn gesteuert werden, ist der Atem die einzige Funktion, die wir – zumindest eingeschränkt – bewusst und direkt beeinflussen können. Schon wenige bewusst wahrgenommene und/oder gesteuerte Atemzüge können das Nervensystem beruhigen. Mit einiger Verzögerung beruhigt und entspannt sich auch der Körper.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, den Atem zu regulieren. Hier sind zwei Beispiele:

  • 4-7-8-Atmung (4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen).
  • Box-Atmung (4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden ausatmen, 4 Sekunden halten).

Körperorientierte Methoden

Auch gezielte Entspannungstechniken können sich positiv auswirken. Die folgenden kann ich auch eigener Erfahrung wärmstens empfehlen:

  • Bei der Progressiven Muskelentspannung werden Muskelgruppen gezielt angespannt und wieder entspannt.
  • Autogenes Training konzentriert die Aufmerksamkeit auf einzelne Körperbereiche, die in Gedanken beispielsweise als „schwer“ oder „warm“ empfunden werden.
  • Regulationsübungen, bei denen über den Körper das Nervensystem reguliert werden, wie bespielsweise die sogenannte „Schmetterlingsumarmung“.
  • Aber auch achtsame Bewegung wie Yoga, Qi Gong und Spaziergänge in der Natur helfen dem Nervensystem sich zu regulieren.

Gedanken bewusst lenken

Wir denken viele zehntausend Gedanken pro Tag und die meisten wiederholen sich täglich, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen. Mit anderen Worten erzählen wir uns Tag ein Tag aus immer wieder dieselbe (ungünstige?) Geschichte. Das muss jedoch nicht so bleiben! Im Gegenteil: Mit den folgenden beiden Tools können wir uns unsere Gedanken bewusst(er) machen und sie gezielt (um)formen und (um)lenken:

  • Das Journaling eignet sich besonders dann, wenn du Gefühle und Gedanken zu Papier bringen möchtest. Dazu kannst du auch gezielte Fragestellungen nutzen, die dir helfen in den Schreibfluss zu kommen.
  • Mit dem sogenannten Reframing kannst du stressige Situationen aus einer neuen Perspektive betrachten, ihnen einen ganz neuen „Rahmen“ geben, und ihnen somit auch eine ganz neue Bedeutung beimessen.

Emotionen zulassen

Insbesondere Emotionen, die sich für uns unangenehm anfühlen, wollen wir meist nicht an uns heranlassen. Doch wenn wir immer alles, was uns nicht so angenehm ist, wegdrücken, sammelt es sich immer mehr an und kann uns irgendwann „um die Ohren fliegen“. Wir können uns jedoch mit verschiedenen bereits beschriebenen Techniken und Tools bewusst Zeit dafür nehmen und einen dosierten Umgang damit etablieren. Wichtig dabei ist:

  • nicht unterdrücken
  • sondern bewusst (dosiert) durchleben
  • eventuell einen „Termin“ mit dir selbst verabreden, wann du dich darauf einlassen kannst

Dafür kannst du beispielsweise in einem Emotions-Tagebuch das „Gefühl benennen und beschreiben“ statt es zu verdrängen. Schreibe alles auf, was dir dazu einfällt.

Hier einige Beispielfragen, an denen du dich dabei orientieren kannst:

  • Was fühlst du? (Welche Emotion, z. B. Wut, und welche körperlichen Empfindungen, z. B. es drückt und wird heiß, zeigen sich?)
  • Wo in deinem Körper fühlst du es (z. B. in der Brust wird es eng)?
  • Wann ist es besonders intensiv?
  • Hat das Gefühl eine Farbe und/oder eine Form?
  • Was ist jetzt für dich hilfreich? Was kann dich unterstützen, damit es dir wieder besser geht?

Routinen für den Alltag

Plane Mikro-Pausen zwischen deinen Aufgaben ein. Oft helfen nur wenige Minuten, in denen du eines der beschriebenen Tools für dich nutzen kannst, z. B. eine Atemübung.

Aber auch Rituale wie einen Tee trinken, bewusstes Innehalten und Durchatmen oder kurze Dehnungen können dir einen ruhigen Moment verschaffen.

Wie baue ich Selbstregulation nachhaltig in meinen Alltag ein?

Selbstregulation ist wie ein Muskel – sie wird stärker und wirkt nachhaltiger, wenn du sie regelmäßig trainierst. Es ist dabei hilfreicher mehrere kurze Einheiten zu machen, als nur eine, die dafür sehr lang ist. Folgende Tipps können dir dabei helfen deine Routine zu etablieren:

  • Gehe kleine Schritte. Starte mit einer einzigen Technik und übe sie dafür täglich.
  • Kopple die Gewohnheiten miteinander. Hänge neue Übungen an bestehende Routinen, z. B. bewusstes Atmen vor dem Zähneputzen.
  • Übe deine Stress-Trigger zu erkennen. Achte auf Situationen, die dich besonders belasten. Plane und übe Gegenstrategien schon in Momenten, in denen der Stress (noch) nicht akut ist.
  • Suche dir Unterstützung, denn zusammen gelingt es oft besser und schneller. Kurse, Coachings oder psychotherapeutische Begleitung können gezielt helfen und unterstützen dich dranzubleiben. Sprich mich gerne an!

Womit kann ich sofort anfangen? – 5 Übungen für den Alltag

  1. Wähle eine Atemtechnik – beruhigt den Körper in weniger als 2 Minuten.
  2. 2-Minuten-Body-Scan – von Kopf bis Fuß spüren, wo Anspannung sitzt.
  3. Entspannungstagebuch – täglich drei Fragen beantworten: Was hat mich gestresst? Was hätte mir geholfen? Wie möchte ich es ab jetzt handhaben, damit es entspannt(er) ist?
  4. Stopp-Technik – innerlich „Stopp“ sagen, wenn Grübelkreise beginnen, und bewusst den Fokus wechseln.
  5. Abendritual – Bildschirm aus, kurze Atemübung und/oder Tagebuch schreiben für besseren Schlaf, z. B. Welche drei Dinge haben mir heute ein Lächeln ins Gesicht gezaubert? Wofür bin ich heute dankbar (auch sehr kleine Dinge zählen!)? Welche drei (kleinen) Erfolge möchte ich heute feiern?

Eine kurze Zusammenfassung für „Überflieger“

Vielleicht wusstest du es bereits, oder hast es zumindest geahnt, dass chronischer Stress dann entsteht, wenn der Körper dauerhaft im Alarmzustand ist und bleibt. Um aus diesem permanenten Alarmzustand herauszukommen, benötigst du Möglichkeiten, dein Nervensystem zu regulieren.

Selbstregulation ist die Fähigkeit, Gedanken, Gefühle und Körperreaktionen bewusst zu erkennen und zu steuern – sie unterscheidet sich wesentlich von reiner Selbstkontrolle.

Besonders Menschen im Dauerstress, Hochsensible, Eltern und alle mit psychosomatischen Beschwerden profitieren von den hier vorgestellten Methoden und Tools zur Emotionsregulation.

Insbesondere Methoden wie Atemübungen, Journaling, achtsame Bewegung und emotionale Akzeptanz helfen, Stress zu erkennen und einen nachhaltigen Umgang damit zu finden, um sich selbst zu regulieren.

Schon kleine Routinen im Alltag können langfristig große Wirkung entfalten. Selbstregulation ist kein „Nice-to-have“ und kein „Luxus“, sondern eine Grundlage für eine Gesundheit und Lebensqualität. Und das beste es: Du kannst jederzeit damit anfangen – Schritt für Schritt.

Ich biete sowohl in Präsenz und (bald) auch online Möglichkeiten, wie du mit mir in die Regulation starten kannst. Schau gerne bei meinen Angeboten vorbei oder schreib mir, falls nicht das Richtige für dich dabei ist und wir schauen gemeinsam, wie ich dich unterstützen kann.

Wie regulierst du dich im Alltag oder in bestimmten Stresssituationen? Hast du dafür eine Routine oder reagierst du spontan auf deine Bedürfnisse?

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar oder schreib mir eine E-Mail (lidija@lidijatesche.de), falls du Fragen, (Themen)Wünsche, Anregungen oder Kritik an und für mich hast.

Ich freue mich sehr von dir zu lesen.

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