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ABC der Emotionsregulation – Teil 5

Emotionale Herausforderungen begegnen uns im Alltag sehr häufig – manchmal leise, unterschwellig und kaum bemerkbar, manchmal so laut, dass sie alles andere übertönen. Sie begegnen uns in Begegnungen und in Gesprächen, wenn ungleiche Meinungen aufeinanderprallen. Sie melden sich in unserem Körper, wenn Nervosität uns unruhig werden lässt. Und sie können uns überfordern und überrollen, wenn wir in einer unangenehmen Situation ein Gefühl der Ohnmacht verspüren.

In diesem Teil des ABCs der Emotionsregulation lade ich dich ein, genauer hinzuschauen: Was steckt oft hinter Meinungsverschiedenheiten, Nervosität und Ohnmachtsgefühlen? Und wie können wir diese Erfahrungen nicht nur aushalten, sondern vielleicht auch als Chance nutzen – für Klarheit, Selbstwirksamkeit und inneres Wachstum?

M – Meinungsverschiedenheiten

Meinungsverschiedenheiten gehören zum Leben. Sie können überall dort entstehen, wo unterschiedliche Sichtweisen, Bedürfnisse und/oder Werte aufeinanderprallen – in der Partnerschaft, im Job oder beim Abendessen mit Familie oder Freunden. Oft spüren wir sehr schnell, wie Emotionen aufsteigen: Ärger, Gereiztheit, vielleicht auch das Bedürfnis, die eigene Position um jeden Preis zu verteidigen.

Doch hier liegt eine wertvolle Chance: Eine Meinungsverschiedenheit muss kein Bruch sein, sondern kann ein Tor zu echter Verbindung öffnen. Denn wenn wir innehalten, können wir lernen, zuzuhören, ohne sofort in den Verteidigungsmodus zu wechseln.

Bevor du reagierst, halte kurz inne und reguliere deine aufsteigenden Emotionen, beispielsweise kannst du eine Atemübung mit einer kurzen Reflexion verbinden:

Spüre deinen Atem, wie er ein- und sehr langsam wieder langsam ausströmt. Bringe damit ein wenig Ruhe in dein Inneres und stelle dir die Frage: „Welches Bedürfnis ist bei meinem Gegenüber gerade aktiv, jedoch nicht erfüllt?“ Und auch folgende Frage kann hilfreich sein: „Geht es mir gerade darum, recht zu haben – oder darum, verbunden zu bleiben?“ Diese kleine Reflexionspause kann den Unterschied zwischen Eskalation und einem konstruktiven Gespräch machen.

Emotionsregulation bedeutet nicht, deine Meinung zu verschweigen. Im Gegenteil: Sie bedeutet, deine Bedürfnisse und Emotionen wahrzunehmen und – trotz der Reibung mit den Bedürfnissen und Meinungen deines Gegenübers – die Beziehung nicht aus den Augen zu verlieren.

N – Nervosität

Nervosität ist wie ein flatterndes Vögelchen in der Brust, im Bauch oder auch im gesamten Körper. Manchmal ist sie „nur“ lästig, manchmal jedoch so stark, dass sie uns völlig blockiert. Sie taucht besonders dann auf, wenn viel auf dem Spiel steht: ein wichtiges Gespräch, eine Präsentation, eine Prüfung, ein erstes Date. Hinter der Nervosität steckt meist Unsicherheit oder Erwartungsdruck – und unser Körper reagiert mit Anspannung, Herzklopfen und schnellem Atem.

Die gute Nachricht: Nervosität ist nicht dein Feind. Sie ist pure Energie – und du kannst lernen, diese Energie bewusst zu lenken und auch zu nutzen. Hier einige Beispiele:

  • Fokussiere dich auf das, was du kontrollieren kannst, z. B. gute Vorbereitung, klare Strukturen, vertraute Rituale.
  • Nutze deinen Atem, in dem du bewusst viel langsamer ausatmest und die Schultern sinken lässt.
  • Orientiere dich im Raum und zähle gleichartige Dinge:
    • Sitze im Prüfungsraum
    • rote Sachen
    • gerade Linien
    • Sneaker an den Füßen anderer Menschen

Das verlagert den Fokus auf etwas, das harmlos ist und du in diesem Augenblick „im Griff“ hast.

Und erinnere dich: Nervosität ist ein Zeichen dafür, dass dir etwas wichtig ist. Und: Du kannst Einfluss darauf nehmen. Indem du deine Nervosität annimmst und erkennst, dass sie eigentlich harmlos ist, machst du sie vom Störenfried zum Verbündeten. Wenn sie etwas abgeebbt ist, kannst du die Energie auf etwas richten, was dir wichtig ist.

O – Ohnmacht(sgefühl)

Es gibt Situationen, in denen wir uns wie gelähmt fühlen. Alles scheint zu viel, der Einfluss auf die Situation schwindet und wir rutschen in ein Gefühl der Ohnmacht. Das kann beängstigend sein, denn Ohnmacht vermittelt: „Ich habe keine Kontrolle mehr.“

Doch auch dieses Gefühl hat eine Botschaft. Es lädt uns ein, genauer hinzuschauen:

  • Welche meiner Grenzen wird gerade überschritten?
  • Brauche ich dabei Unterstützung?
  • Einen neuen Blickwinkel?
  • Oder einfach eine Pause, um mich zu erholen und wieder Kraft zu sammeln?

Erinnere dich in Momenten, wenn dieses Gefühl nicht akut ist, an Situationen, die du schon gemeistert hast. Auch wenn sie dir noch so klein erscheinen – sie zeigen dir: Du hast Ressourcen. Und diese kannst du nutzen. Dies hilft dir in Situationen, wenn die Ohnmacht sich wieder meldet, diese Ressourcen in Erinnerung zu holen und zu aktivieren.

Erlaube dir auch unbedingt, Hilfe zu suchen. Manchmal ist das Anerkennen der eigenen Grenzen der mutigste Schritt, aber auch ein Zeichen der Stärke. Mache winzige Schritte, denn auch sie verändern deine Perspektive und Position vom Gefühl völliger Machtlosigkeit hin zu einem ersten Funken Selbstwirksamkeit. Ohnmachtsgefühle bedeuten nicht Stillstand für immer – manchmal sind sie der Anfang einer neuen Klarheit und leiten die ersten Schritte zur Veränderung ein.

Ob in Meinungsverschiedenheiten, in der Nervosität vor wichtigen Momenten oder im Ohnmachtsgefühl: Immer geht es darum, mit dir selbst und deinen Bedürfnissen in Verbindung zu bleiben. Emotionsregulation ist kein „Abschalten“, sondern ein bewusster Umgang mit Emotionen. Jede Herausforderung trägt ein kleines Geschenk in sich – eine Chance, dich selbst besser zu verstehen und neue Wege im Umgang mit Herausforderungen zu gehen.

Ich biete sowohl in Präsenz bei der VHS Iserlohn Kurse zur Emotionsregulation und (bald) auch online Möglichkeiten, wie du mit mir in die Regulation starten kannst. Schau gerne bei meinen Angeboten vorbei oder schreib mir, falls nicht das Richtige für dich dabei ist und wir schauen gemeinsam, wie ich dich unterstützen kann.

Kennst du auch die anderen Teile des ABCs der Emotionsregulation?

ABC der Emotionsregulation – Teil 1 (A, B, C)

ABC der Emotionsregulation – Teil 2 (D, E, F)

ABC der Emotionsregulation – Teil 3 (G, H, I)

ABC der Emotionsregulation – Teil 4 (J, K, L)

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